Die elektronische Signatur – das Schriftformerfordernis im digitalen Zeitalter
Autor: Daniel Schätzle Erstellt am: 25. März 2020 Rubrik: DatenschutzrechtVerträge und Willenserklärungen können grundsätzlich formlos verfasst werden. Insbesondere Verträge bedürfen nicht zwangsweise der Schriftform. Schon ein Handschlag genügt in der Regel, um ein wirksames Vertragsverhältnis zu begründen. Dennoch bietet es sich zu Zwecken der Beweissicherung und Dokumentation an, Verträge in Schriftform abzuschließen.
Für bestimmte Vertragsformen oder Willenserklärungen ist diese Notwendigkeit sogar gesetzlich vorgegeben. Das Stichwort hier: Schriftformerfordernis!
Zu Beginn des digitalen Zeitalters, müssen sich jedoch alle Beteiligten darauf einstellen, dass in einer sich immer weiter vernetzenden, globalen Welt Verträge papierlos und nicht immer bei gleichzeitiger Anwesenheit der Parteien geschlossen werden können. Digitale Signaturlösungen bieten diesbezüglich eine moderne Alternative zur herkömmlichen Vertragsunterzeichnung.
Muss oder soll die Schriftform gewahrt werden, müssen jedoch einige Anforderungen beachtet werden, um nicht die Wirksamkeit einer Vereinbarung oder Erklärung zu gefährden.
Zwischen Formfreiheit und Schriftformerfordernis
In Deutschland ist die Vertragsfreiheit im Zivilrecht Symbol für den Grundsatz der Privatautonomie. Eine Säule der Vertragsfreiheit bildet der Grundsatz der Formfreiheit. Dies bedeutet, dass im Grundsatz für den Abschluss von Rechtsgeschäften oder für die Abgabe von Willenserklärungen keine Formanforderungen – wie etwa ein schriftliches Vertragsdokument mit Unterschrift – erfüllt werden müssen. Wird also ein Vertrag mündlich geschlossen, der dem Grundsatz der Formfreiheit unterliegt, ist er gültig und mithin auch eine Berechtigung und Verpflichtung für die Vertragsparteien.
Was bedeutet das Schriftformerfordernis?
Im Bereich der digitalen Vertragsabschlüsse, für die die Frage nach einer „präsenzlosen“ Unterschrift besonders relevant ist, sind derartige Vereinbarungen mittels einfacher elektronischer Signatur möglich. Ausreichend ist bereits der Willensaustausch im Rahmen der E-Mail-Kommunikation, wenn sich der Wille zu einem bestimmten Rechtsgeschäft aus dem Inhalt der E-Mail ergibt und die Vertragsparteien anhand der E-Mail-Signatur erkennbar sind.
Daneben gibt es verschiedene gesetzlich festgelegte Ausnahmen vom Grundsatz der Formfreiheit. Beispielsweise ist die Schriftform von Seiten des Gesetzgebers für folgende Fälle vorgesehen:
- Arbeitnehmerüberlassungsvertrag, Abtretung von Rechten, Bürgschaft, Verbraucherdarlehens – und Ratenlieferungsverträge sowie Fernunterrichtsverträge, Schuldanerkenntnis
- Verträge mit der öffentlichen Verwaltung (sog. Öffentlich-rechtlicher Vertrag)
- Kündigungserklärungen der Arbeits- (arbeitsrechtliche Kündigung) oder Mietverhältnisse, Landpacht-, Kleingartenpacht-, Energielieferungsvertrag
- bei der Mitteilung über die Übernahme einer Hypothekenschuld
- bei einem Widerspruch des Mieters gegen eine Kündigung
Gleichwohl werden Vertragsinhalte, unabhängig vom Grundsatz der Formfreiheit und gesetzlichen Formanforderungen, textlich mit oder ohne Unterschrift festgehalten. Oftmals werden außerdem Vereinbarungen getroffen, die vorgeben, dass bestimmte Erklärungen oder Mitteilungen der Schriftform unterliegen müssen. Dies dient vor allem der Dokumentation und Nachweisbarkeit, die besonders dann wichtig werden, wenn es später zu Rechtsstreitigkeiten kommen sollte. Schließlich garantiert eine schriftliche Erklärung oder Vereinbarung im Zweifel deutlich mehr Klarheit über in der Vergangenheit Gesagtes oder Vereinbartes.
Schriftlich bedeutet nicht gleich Schriftform
Ist die Schriftform vorgeschrieben oder vereinbart, genügt es nicht, den entsprechenden Text in einem PDF oder Ausdruck festzuhalten. Nach § 126 BGB kommt es bei der Schriftform im Wesentlichen entscheidend darauf an, dass die Erklärung oder der vereinbarte Vertragsinhalt ihren Abschluss in einer eigenhändigen Namensunterschrift findet. Andernfalls fehlt es an einer wichtigen Wirksamkeitsvoraussetzung.
Grundsätzlich müssen beide Unterschriften auf demselben Vertragsdokument gezeichnet werden. Es besteht aber die Möglichkeit, zwei identische Vertragsversionen bereitzuhalten, die jeweils nur von der anderen Vertragspartei unterzeichnet werden müssen (§ 126 Abs. 2 BGB).
Ist die Schriftform nicht gesetzlich vorgeschrieben, sondern rechtsgeschäftlich vereinbart, sieht § 127 einige Erleichterungen vor. Eine Vereinfachung liegt beispielsweise darin, dass es genügt, wenn das unterzeichnete Dokument oder die unterzeichnete Erklärung per E-Mail übersandt wird. Auf Seiten des Vertragspartners besteht allerdings ein Anspruch darauf, das Originaldokument nachzureichen.
Elektronische Form als Alternative
Die Schriftform kann gemäß § 126 Abs. 3 BGB durch die elektronische Form ersetzt werden, sofern nicht in Ausnahmefällen etwas anderes bestimmt ist. Die elektronische Form ist zum Beispiel bei wesentlichen arbeitsrechtlichen Regeln ausgeschlossen, z.B. § 623 ff. BGB (Beendigungen), § 2 NachwG (Arbeitsvertrag), § 16 I BEEG (Elternzeit), § 14 TzBfG (Befristung), § 1 II TVG (Tarifverträge) und § 77 II BetrVG (Betriebsvereinbarungen).
Die elektronische Form ist eine andere Bezeichnung für die qualifizierte elektronische Signatur gemäß der eIDAS-Verordnung. Der Aussteller muss seinen Namen angeben und das elektronische Dokument qualifiziert elektronisch signieren. Bei Verträgen jeweils ein gleichlautendes Dokument von jeder Partei qualifiziert elektronisch signiert werden.
Anforderungen an die elektronische Form
Die genauen Anforderungen an die qualifizierte elektronische Signatur ergeben sich aus der eIDAS-Verordnung, auf nationaler Ebene aus § 126a BGB. Diese Regelungen verfolgen den primären Zweck, dass die notwendigen Sicherheitsanforderungen erfüllt werden. Im Einzelnen setzt sich die Signatur aus Daten in elektronischer Form zusammen, die mit anderen elektronischen Daten logisch verbunden werden können. Dieser Datensatz, den der Unterzeichner für die Unterschrift benutzt, erreicht aber alleine noch nicht das erforderliche Sicherheitslevel.
Um mit der Qualität einer handschriftlichen Unterschrift vergleichbar zu sein, muss der Datensatz dem Unterzeichner zweifelsfrei zuzuordnen sein und dessen Identifizierung ermöglichen. Die Unterschrift muss außerdem aus vertrauenswürdigen elektronischen Signaturerstellungsdaten erstellt werden, über die der Unterzeichner die alleinige Kontrolle hat. Die anschließende Verbindung der Unterschrift mit den unterzeichneten Daten (dem restlichen Dokument) muss so eindeutig sein, dass eine spätere Veränderung des unterzeichneten Dokuments, die möglicherweise auf den Zugriff unberechtigter Dritter schließen lässt, erkennbar ist. Aus dem Zusammenspiel dieser einzelnen Schritte ergibt sich dann ein individueller Schlüssel des Unterzeichnenden (elektronische Signaturerstellungsdaten), der untrennbar mit dessen Person verbunden ist. Die Verwendung dieses individuellen Schlüssels verhindert, dass das Dokument unbemerkt manipuliert werden kann. Bei Verwendung eines asymmetrisches Verschlüsselungsverfahrens bedarf es weiterhin auch immer eines zweiten, öffentlichen Schlüssels (Signaturvalidierungsdaten), der in Kombination mit dem individuellen Schlüssel die abschließende Verschlüsselung des Dokuments gewährleistet.
Schließlich muss ein sogenannter Vertrauensdiensteanbieter die Signatur zertifizieren. Dieser Anbieter erfüllt spezielle Anforderungen im Personal- und Sicherheitsbereich, um als solcher qualifiziert werden zu können. Die Verleihung des Qualifikationsstatus als Vertrauensdiensteanbieter erfolgt in der Regel durch die Aufsichtsbehörden. In Deutschland unterstützt dabei die Bundesnetzagentur. Der Status als Vertrauensdiensteanbieter bringt auch mit sich, dass besondere Informationspflichten (Art. 24 Abs. 2 lit. d eIDAS-VO) erfüllt werden und die Anbieter eine qualifizierte elektronische Signaturerstellungseinheit, genauer sichere Hard- und Softwareeinheiten, verwenden müssen (Art. 29 Abs. 1 eIDAS-VO).
Der Vertrauensdiensteanbieter identifiziert den Signaturinhaber, nachdem dieser einen entsprechenden Antrag gestellt hat. Im Anhang der eIDAS-Verordnung sind die persönlichen Angaben aufgeführt, zu deren Preisgabe der Antragsteller verpflichtet ist. Unter diese verpflichtenden Angaben fallen auch der öffentliche und der private Signaturschlüssel.
Was kompliziert klingt, ist es nicht!
Im Vergleich mit einer einfachen handschriftlichen Unterschrift erscheint der Erstellungsprozess einer qualifizierten elektronischen Signatur auf den ersten Blick sehr aufwendig und langwierig. Für den Anwender in der Praxis umfasst der Prozess aber nur wenige Klicks, die einen digitalen Vertragsschluss mit der qualifizierten elektronischen Signatur ermöglichen. Diese hat außerdem weitere Vorteile – sie zeichnet sich dadurch besonders aus, dass sie nicht nur sehr sicher ist, sondern auch einen hohen Identifikationsgrad aufweist. Mit anderen Worten: Sie ist eine verlässliche und praktikable Alternative zur handschriftlichen Unterschrift.
Rubrik: Datenschutzrecht Stichwörter: eIDAS-Verordnung, elektronische Signatur, Schriftform, Schriftformerfordernis, Signaturschlüssel, Vertragsabschluss, Vertrauensdiensteanbieter, Willenserklärung