Schönheitswettbewerbe, Wrestling Matches und Superhelden: Die CPDP 2016 in Brüssel
Autor: Sebastian Golla Erstellt am: 5. Februar 2016 Rubrik: Safe Harbor„We come in peace and love“, verkündet Julie Brill, Kommissarin der Federal Trade Commission, am Donnerstagabend auf der Bühne der Grand Halle und streckt Zeige- und Mittelfinger ihrer erhobenen Hände zu V-Zeichen aus. Meint sie jetzt Peace oder Victory? Sie käme gerade von einem Wrestling Match, erzählt Brill, das sie allerdings ohne Beulen überstanden habe. Ihr Gespräch an gleicher Stelle am Vormittag mit Paul Nemitz, Direktor Grundrechte und Unionsbürger bei der Europäischen Kommission, war ein Ringen um den transatlantischen Datenschutz. Ein Gefecht, das manchen Zuschauer schon zweifeln ließ, ob es in dieser Woche zu einer Einigung über ein neues transatlantisches Datenschutzabkommen kommen könne. Doch es kennt das Wrestling schlecht, wer an ein offenes Ende glaubt. Die (Schau-)Kämpfe zwischen Europa und USA haben bereits Tradition in Brüssel.
Und so hat man sich mittlerweile auch auf das Privacy Shield geeignet. Ein Logo ist immerhin schon da, bei dem man wieder an Wrestling und Superhelden denken darf, auch bevor handfeste Inhalte öffentlich bekannt sind. Und die Superhelden waren natürlich auch auf der CPDP 2016 nicht weit. An zwei verdienstvollen jungen Europäern führte kein Weg vorbei. Der Berichterstatter für die Datenschutz-Grundverordnung erschien nicht nur auf der Signierstunde für sein jüngst auf Englisch erschienenes Buch „Hands off our data!“ und der Abendvorstellung des Films „Democracy“, sondern auch simultan mit Sakko und Ringelshirt auf dem Konferenzpodium und twitternd auf der Leinwand darüber. Die Zufriedenheit seines Panels über die Einigung zur GDPR störte nur kurz MdEP Axel Voss, der das in der Verordnung vorgesehene European Data Protection Board mit dem Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas verglich. Beide seien einfach zu mächtig.
Und dann war da noch der Mann, der die Tsunamiwelle losließ, die den Sicheren Hafen versenkte. In Folge der Safe Harbor-Entscheidung verwandelten sich Diskussionen reihenweise in Schönheitswettbewerbe zwischen europäischen und US-amerikanischen Datenschützern. Juroren taten sich hierbei allerdings mangels belastbarer Informationen schwer, eine Privacy Queen zu krönen. Doch zum Glück gab es auch diese Momente, die etwas Licht ins Dunkel brachten und zur Verständigung der Datenschutzfronten beitrugen. So etwa das Panel „Regulatory Choices and Privacy Consequences”: Dieses inszenierte das Harvardsche Berkman Center for Law and Technology als Zombie Privacy Quiz-Show mit Publikumsbeteiligung. Für die internationalen Panelisten galt es, aktuelle Fragen des Datenschutzes als lebendig, tot oder Wiedergänger zu identifizieren, wobei durchaus gemeinsame Positionen deutlich wurden. In diesem Zusammenhang lieferte der Berkley Professor Chris Hoofnagle zudem historisch-fundierte Einblicke in die Arbeit der Federal Trade Commission im Datenschutzrecht. Hierbei würdigte Hoofnagle die Bedeutung der nach seiner Ansicht wichtigsten Datenschutzbehörde der Welt, sprach aber auch über Problematisches – wie etwa den massiven Einfluss der Privatwirtschaft auf die Arbeitsweise der FTC.
In diesem Sinne geht das Zerren um den Datenschutz weiter. Der Privacy Shield steht bereits unter Beschuss. Die Datenschutzreform wird noch für viel Beschäftigung sorgen. Und in der Konferenztasche liegt Schokolade von Facebook neben Privacin Unsichtbarkeitspillen vom Europarat. Die neunte Ausgabe der CPDP mit ihren 929 Teilnehmern und 343 Speakern aus 44 Ländern war kein Woodstock des Datenschutzes mit Peace, Love and Privacy, sondern ein Forum zum kritischen Ideenaustausch einer Zunft, die noch viel Arbeit vor sich hat.
Rubrik: Safe Harbor Stichwörter: Brüssel, CPDP