Recht auf Vergessen für Minderjährige in Kalifornien ab 2015
Autor: Daniel Schätzle Erstellt am: 24. September 2013 Rubrik: Recht auf Vergessen, Social MediaWährend in Europa das Thema „Recht auf Vergessenwerden“ immer wieder gerne und kontrovers diskutiert wird, ob es einer gesetzlichen Regelung bedarf, ist man in den USA scheinbar weiter. Der Gouverneur von Kalifornien hat am 23.9.2013 ein Gesetz unterschrieben, wonach Minderjährigen ab 2015 ein Recht eingeräumt werden muss, ihre Inhalte aus sozialen Netzwerken löschen zu lassen.
In erster Linie dient das Gesetz dazu, Minderjährige in einem bestimmten Umfang vor jugendgefährdender Werbung zu schützen und ist eine Ergänzung zum California Business and Professions Code. Am Ende (Section 22581) wird aber auch der Löschungsanspruch aufgenommen.
Danach muss der Betreiber einer Website, die sich an Minderjährige richtet, oder wenn er tatsächliche Kenntnis darüber hat, dass Minderjährige seine Website nutzen, eine Löschung von Inhalten oder sonstigen geposteten Informationen zulassen. Dies gilt nur gegenüber Minderjährigen, die sich zuvor auf der Website registriert haben. Dem Betreiber einer Website wird der Betreiber von „online service, online application or mobile application“ gleich gestellt. Der Betreiber muss den Minderjährigen darüber informieren, dass er Inhalte löschen und wie er dies genau tun kann. Gleichzeitig hat er ihn darüber aufzuklären, dass dies nicht bedeutet, dass die Inhalte vollständig verschwinden.
Hintergrund ist, dass der Betreiber nicht in jedem Fall eine Löschung zulassen muss. Dies ist natürlich dann der Fall, wenn ein Gesetz oder eine Behörde/ein Gericht etwas anderes anordnet. Außerdem wenn eine Anonymisierung vorgenommen wurde, die eine Verbindung zwischen dem Minderjährigen und den Inhalten nicht mehr zulässt, wenn der Minderjährige sich nicht an die Anleitung zur Löschung hält oder wenn er irgendeine Form von Ausgleich erhalten hat. Besondere Kritik ruft die Ausnahme hervor, wonach eine Löschung nicht erfolgen muss, wenn die Inhalte von Dritten stammen oder Dritte die Inhalte weiter verbreitet haben.
Schließlich ist es nicht erforderlich, dass die Inhalte vom Server gelöscht werden. Ausreichend ist es, wenn sie in ihrer ursprünglich eingestellten Form nicht mehr sichtbar sind. Sofern die Inhalte sichtbar sind, weil ein Dritter diese zuvor weiter verbreitet hat, ist dies unschädlich.
Damit unterscheidet sich die kalifornische Regelung entscheidend von der europäischen Diskussion um ein Recht auf Vergessenwerden. Zum einen gibt es hier immer wieder Forderungen nach einer Lebensdauer von Daten. Diese sollen nach Ablauf einer gewissen Zeit automatisch gelöscht werden. Zum anderen sieht etwa Art. 17 der Datenschutz-GVO in seiner grundlegenden Ausrichtung vor, dass eine umfassende und vollständige Löschung im gesamten Internet vorzunehmen sei. Wie dies technisch realisiert werden soll, ist allerdings auch in Europa offen. Daher wird das Recht auf Vergessenwerden auch kritisiert, weil es schlichtweg rein technisch nicht umsetzbar sei.
Insbesondere aber auch die Verpflichtung Dritte zu informieren, dass der Betroffen seine Daten gelöscht haben möchte, stößt auf Kritik. Hierfür gibt es keine Rechtfertigung im Sinne eines quasi natürlichen Rechts, vergessen zu werden. Denn niemand kann bestimmen, woran sich andere Personen erinnern. Insofern ist es konsequent, wenn die kalifornische Regelung vorsieht, dass zwar jemand seinen Pinnwand-Eintrag löschen kann, jedoch keinen Einfluss darauf hat, dass ein Dritter sich an diesen Eintrag erinnert und daher auf seiner eigenen Seite nach wie vor teilt. Insofern ist diese Herangehensweise gar nicht so weit entfernt von europäischen Alternativvorschlägen zur Datenschutz-GVO.
Rubrik: Recht auf Vergessen, Social Media Stichwörter: Kalifornien, Minderjährige, Recht auf Vergessen, Soziale Netzwerke